Fragen / Antworten
Fragen und Antworten
Ich möchte mit diesem Buch eine Diskussion in unseren (frei-) kirchlichen Kreisen anregen. Diese ist aktuell voll im Gang. Seit der Veröffentlichung der Trauscheinlüge? habe ich viele Gespräche geführt und Fragen beantwortet. Rein zahlenmäßig überwiegen die positiven Rückmeldungen. Immer wieder bekomme ich Anrufe, Briefe und Besuche von Christen, die dankbar sind, dass das Buch erschienen ist. Mir geht es allerdings nicht in erster Linie darum, eine möglichst große Anzahl von Unterstützern hinter mich zu bringen. So sehr ich mich über Ermutigung freue und Unterstützung brauche, so sehr wünsche ich mir auch einen positiven Dialog mit denen, die das Buch kritisch betrachten.
Frage 1: Es gibt viele christliche Veröffentlichungen, die im Sinne der aktuell prägenden Moral argumentieren. Wie kommt es, dass du zu einem anderen Schluss kommst und altbewährtes Wissen so einfach hinterfragst? Wieso ist vor dir noch niemand auf solche Ideen gekommen?
Genau diese Frage habe ich mir auch schon oft gestellt. Wenn man sich die Bibliografie am Schluss des Buches anschaut, dann sieht man, wie viel ich im Vorfeld über das Thema gelesen habe. Ein Großteil der Lesearbeit geschah, weil ich prüfen wollte, ob tatsächlich noch niemand über dieses Thema in ähnlicher Weise geschrieben hat. Zu meiner Überraschung musste ich feststellen: Wenn die Themen Sex vor der Ehe bzw. Ehe ohne Trauschein aus (frei-) kirchlicher Sicht behandelt wurden, dann quasi ausschließlich aus der Perspektive der aktuell prägenden Moral. Ich habe teilweise sehr heftige, negative Reaktionen auf mein Buch erhalten. Manche Briefe waren so formuliert, dass man nicht vermuten würde, dass sie von gläubigen Christen geschrieben worden sind. Das mag schon ein Teil der Antwort sein. Vermutlich bin ich einfach der Erste, der sich getraut hat, eine Gegenposition zur aktuell prägenden Moral aufzuschreiben.
Hinzu kommt, dass es im Laufe der Kirchengeschichte immer Zeiten gab, in denen alte Denkweisen hinterfragt worden sind. Ich denke da zum Beispiel an John Nelson Darby. Als der im 19. Jh. n. Chr. aufgrund von 1Thess4,13-18 die Lehre von der Entrückung der Gläubigen entdeckte, da wurde er von den Christen seiner Zeit ausgelacht und kritisiert. Ihm wurde vorgeworfen, etwas zu behaupten, das man 1500 Jahre lang anders gesehen hatte. Die Kirche des Mittelalters und die Reformatoren haben nicht an die Entrückung geglaubt. Heutzutage ist die Entrückungslehre aber in vielen evangelikalen Gemeinden angekommen. Vielleicht geht es mit den Überlegungen in diesem Buch ähnlich.
Frage 2: Der standesamtliche Trauschein mag biblisch nicht belegt sein, aber er gibt immerhin eine Orientierung. Schafft dein Buch nicht eine Orientierungslosigkeit? An was für eine moralische Ordnung sollen sich Christen halten, wenn die standesamtliche Eheschließung keine Bedeutung mehr hat? Wo ist der Nutzen von deinem Modell?
Es geht mir nicht darum Unordnung zu schaffen. Ich sage auch nicht, dass die standesamtliche Eheschließung keine Bedeutung mehr hätte. Worum es mir geht, ist die Feststellung, dass der Trauschein nicht das ist, was eine Ehe vor Gott schafft. Genau diese Meinung hat sich aber in vielen Köpfen festgesetzt. Ich belege das durch viele der Zitate in meinem Buch. Der Nutzen des drei Schritte Modells ist, dass wir in unseren Gemeinden aufhören könnten, eine gesegnete Beziehung daran zu messen, ob der Trauschein vorhanden ist oder nicht. Das Konkubinat bzw. die sogenannte „wilde Ehe“ hat bei vielen Christen einen durchwegs negativen Ruf. Das typische Denken ist: Wer ohne Trauschein zusammenlebt, der meint es nicht ernst! Das führt dazu, dass Paare, die verbindlich zusammen sind, nicht wirklich zusammen sein können, wenn sie noch keinen Trauschein haben. Es gibt etliche Beispiele, wo christliche Paare aus der Mitarbeit ausgeschlossen wurden, weil sie vor ihrer standesamtlichen Trauung zusammen in Urlaub gefahren sind. Es gibt noch mehr Beispiele, wo christlichen Paaren die kirchliche Hochzeit verweigert worden ist, weil sie schon vor der staatlichen Eheschließung zusammengezogen sind. Ich höre immer wieder, dass Pastoren von bereits zusammenlebenden Paaren erwarteten, für einige Zeit auseinander zu ziehen, um kirchlich getraut werden zu können. Ich halte so etwas für entmündigend und schlussendlich für Erpressung!
Auf der einen Seite wünschen wir uns reife Gläubige, die selbstständige Entscheidungen unter der Führung des Heiligen Geistes treffen sollen. Auf der anderen Seite spielen gerade wir Pastoren uns als moralische Instanz auf, die Ähnlichkeiten zu früheren Jahrhunderten aufweist. Wer das Buch mit einer offenen Haltung liest, der wird feststellen, dass es mir nicht um Unordnung geht. Ich denke, dass die Anweisungen Gottes in 1Mo2,24 ein gutes und lebbares Modell für den Aufbau einer Beziehung anbieten. Eltern, Freunde und Gemeinde könnten Paare nach diesem Modell durch die einzelnen Phasen des Beziehungsaufbaus begleiten.
Wenn wir aufhören würden, die Sicht der aktuell prägenden Moral zu glauben, dann könnten wir mit Paaren auch viel früher über Sexualität und finanzielle Absicherung sprechen. Aktuell ist es so, dass viele Paare nach ihrer Hochzeit in Bezug auf Sex ins „kalte Wasser“ geschmissen werden. Ausserdem werden gerade ältere Paare zu einem Trauschein gedrängt, der ihnen häufig finanzielle Nachteile bringt. Orientierungslosigkeit entsteht dort, wo man nicht über Dinge spricht. Ich wünsche mir, dass sich Gemeinden aufmachen und aufgrund der drei Säulen nach 1Mo2,24 neu überlegen, wie ein biblisches Modell für Freundschaft, Sexualität und Ehe aussehen kann.
Frage 3: Du sagst, dass Sex schon vor dem standesamtlichen Trauschein möglich ist. Verführst du Teenager so nicht zur verfrühten Sexualität?
Ich sage im Buch an vielen Stellen, dass sich das Modell der drei Säulen nicht an Teenager richtet. Gott sagt in 1Mo2,24, dass eine Ehe in seinem Sinne aufgebaut wird, wenn ein Paar sich von den Eltern gelöst und sich ausgiebig Zeit zum Kennenlernen genommen hat. Beides ist bei Teenagern in der Regel nicht der Fall. Man wohnt noch daheim und verliebt sich heute in den einen und morgen in den anderen. Solange man noch nicht selbstständig ist und die Hormone in Aufruhr sind, sollte man nicht über Ehe nachdenken müssen. Natürlich: Wer den Inhalt des Buches auf das Thema Freiheit reduzieren möchte, der könnte daraus ableiten, dass ich Teenagern die freie Liebe zuspreche. Das ist aber nicht der Fall!
Ich plädiere in meinem Buch neben der Freiheit auch für Eigenverantwortlichkeit. Das bedeutet, dass Eltern und Gemeinden anfangen, ihren Kindern schon lange vor der Pubertät beizubringen, dass man nicht mit dem Herzen vom anderen Geschlecht zu spielen hat. Eine Ehe beginnt nach 1Mo2,24 dort, wo zwei Partner exklusiv Zeit miteinander verbringen. Die aktuell prägende Moral kümmert sich wenig darum, wer mit wem Zeit verbringt und wer sich in wen verliebt. Erst dann, wenn ein Paar schon verbindlich zusammen ist, fängt man an, sich zu interessieren und zu kontrollieren. Nach meinem Modell beginnt die Verantwortung des Einzelnen aber schon lange vor der Sexualität. Wird die Eigenverantwortung in Bezug auf den Beziehungsaufbau so gelebt, wie es Gott in 1Mo2,24 sagt, dann brauchen sich Eltern und Gemeinden später keine Sorgen machen, wenn ein Paar den Schritt in die Sexualität wagt.
Frage 4: Behauptest du im Buch wirklich, dass eine Ehe durch die Sexualität geschlossen wird?
Nein! Aufgrund von 1Mo2,24 sage ich, dass eine Ehe dann vor Gott geschlossen ist, wenn die im Vers erwähnten drei Säulen vorhanden sind: Die erste Säule bezeichne ist als „Zeit miteinander verbringen“. Die zweite Säule bezeichne ich als „Herz miteinander teilen“. Und die dritte Säule besteht aus dem Geschlechtsverkehr. Die Reihenfolge in diesem Vers ist für mich wichtig, obwohl es in früheren Zeiten anders herum gelaufen ist. Zurzeit des Alten Testaments wurden die drei Säulen aufgebaut, indem man zuerst miteinander Sex hatte. Erst anschließend konnte ein Paar Zeit miteinander verbringen und sich kennenlernen. Für den Aufbau einer Beziehung halte ich es aber für besser, wenn ein Paar sich an die Reihenfolge von 1Mo2,24 hält. Erst nachdem man sich von seinen Eltern gelöst hat, erst nachdem man sich viel Zeit dafür genommen hat, ein Herz und eine Seele zu werden, erst dann sollte man den Schritt in die Sexualität wagen.
Manche Kritiker verstehen diesen Dreierschritt in meinem Buch scheinbar falsch. Natürlich steht am Ende der Reihenfolge von 1Mo2,24 die Sexualität. Aber eine Ehe wird nicht durch die Sexualität geschlossen, sondern dadurch, dass alle drei Säulen vorhanden sind und gelebt werden. Konkret: Ein Paar, dass nur Sex miteinander hat, sich aber sonst keine Zeit füreinander nimmt und keine herzensmäßige Einheit bildet, ist in meinen Augen nicht verheiratet. Von so einem Fall spricht Jesus in Joh4,16-18. Daran würde modern gesprochen übrigens auch der Trauschein nichts ändern! In meinen Augen besteht eine Ehe vor Gott dort, wo ALLE DREI Säulen einer Ehe vorhanden sind. Sexualität ALLEIN schafft keine Ehe!
Frage 5: Wieso arbeitest du im Buch mit so klaren Gegensätzen? Polarisierst du nicht zu stark und schaffst so unnötige Fronten zwischen dir und den Vertretern der aktuell prägenden Moral?
Es ist nicht meine Absicht, in einem negativen Sinne Fronten zu schaffen. Aber es ist nun mal eine Tatsache, dass es neben der aktuell prägenden Moral kaum eine andere Meinung zum Thema gibt. Fronten entstehen dort, wo die eine Seite nicht gelernt hat, auf respektvolle Art mit anderen Meinungen umzugehen. Ich versuche in meinem Buch sehr respektvoll mit den Vertretern der aktuell prägenden Moral umzugehen. Umgekehrt kann ich das nicht immer so behaupten.
Könnte es sein, dass einige Vertreter der aktuell prägenden Moral es schon als Angriff verstehen, wenn man ihre Sichtweise hinterfragt? Wenn dem so wäre, dann läge das Problem nicht auf meiner Seite! Ich habe noch nie ein Problem mit anderen Meinungen gehabt und bin offen für kontroversen Austausch.
Frage 6: Du sprichst viel vom privaten Anfang einer Ehe. Doch welche Rolle spielt Gott in einer Partnerschaft? Ab wann segnet er eine Ehe?
Ich betone den privaten Anfang einer Ehe, um zu zeigen, dass es über Jahrtausende hinweg keinen staatlichen Ehebeginn gegeben hat. Eine Ehe wurde über Jahrtausende hinweg immer durch den Konsens zweier Menschen im privaten Rahmen geschlossen. Zurzeit, als das Neue Testament entstand, galt das gegenseitige Eheversprechen sogar dann, wenn ausser den Partnern niemand sonst mit dabei war. Dem gegenüber stelle ich dann die heutige Form: Ein Paar muss sich auch heute immer noch das Ja-Wort zusprechen. Aber eine Ehe ist erst dann vor dem Gesetz gültig, wenn ein staatlicher Vertreter dieses Eheversprechen bezeugt und beglaubigt. Das ist der entscheidende Unterschied zu all den Jahrtausenden zuvor.
In meinem Buch plädiere ich dafür, dass eine Ehe vor Gott nicht dadurch zustande kommt, weil eine Standesbeamtin oder einer Standesbeamter dabei ist. Gott segnet eine Ehe, wenn ein Paar nach 1Mo2,24 seine Beziehung aufgebaut hat und ihn bittet, ein Teil ihrer Beziehung zu sein. Dieser Schritt ist nicht abhängig vom Standesamt! Dieser Schritt kann nach meinem Verständnis auch dann passieren, wenn außer dem Paar niemand sonst mit dabei ist. Das bedeutet aber nicht, dass es immer so sein muss! Selbstverständlich könnte sich ein Paar das Eheversprechen auch in der Gegenwart ihrer Familien, ihres Hauskreises oder vor der Gemeinde geben. Wichtig ist mir, dass dem Leser klar wird: Der Segen Gottes hängt nicht am standesamtlichen Trauschein.
Frage 7: Im Buch geht es um Sex vor dem Trauschein und die Frage, ab wann eine Ehe beginnt. Die Bibel spricht aber von einem Ehebund, den wir mit und durch Gott eingehen. Kommt dieser Teil in deinem Buch nicht zu kurz?
In der Bibel geht es immer wieder um Bünde, die Gott mit Menschen bzw. mit seinem Volk geschlossen hat. Mit Bund ist eine Art Vertrag gemeint, bei der gegenseitige Rechte und Pflichten besprochen werden. Einige der Propheten im Alten Testament haben den Bund zwischen Gott und Israel mit einer Ehe verglichen. Sie beziehen sich dabei auf die Ehetradition im alten Orient, wo eine Ehe zwischen den Familienoberhäuptern abgesprochen wurde. Ich schreibe in meinem Buch viel darüber, dass es diese Absprachen gegeben hat.
Das Problem ist aber, dass der Ehebund in vielen christlichen Kreisen in einem fast sakramentalen Sinne verstanden wird. Entweder wird gesagt: Gott ist erst dann Teil einer Beziehung, wenn ein Paar standesamtlich verheiratet ist. Oder es wird behauptet: Gott ist erst dann Teil einer Beziehung, wenn ein Paar kirchlich geheiratet hat. Ich plädiere in meinem Buch dafür: Gott ist genau dann Teil einer Beziehung, wenn das Paar aufgrund von 1Mo2,24 geprüft hat, ob es verbindlich zusammen bleiben möchte und sich dazu entscheidet, die drei Säulen aus diesem Vers zu leben. Natürlich kann ein Paar zusätzlich noch standesamtlich heiraten, weil es so eine gute, rechtliche Absicherung für sich und seine Kinder bekommt. Natürlich kann ein Paar auch noch kirchlich heiraten, weil es so die gesellschaftliche Öffentlichkeit erreicht. Aber der Segen Gottes hängt nach meinem Verständnis nicht von diesen Schritten ab.
Frage 8: Du sprichst viel von der Eigenverantwortung eines Paares. Legt das nicht eine „unmenschliche Last“ auf junge Leute? Wie sollen den Teenager schon wissen, ob sie ihre Jugendliebe tatsächlich heiraten werden?
Wie schon gesagt: Ich habe bei dem Buch keine Teenager im Blick. Um die drei Säulen nach 1Mo2,24 leben zu können, braucht es ein Reife, die meiner Meinung nach in der Pubertät und auch bei vielen Jugendlichen noch nicht vorhanden ist. Eigenverantwortung können nur solche Personen übernehmen, die von ihrer kognitiven Fähigkeit in der Lage dazu sind. Das bedeutet konkret: Genauso wenig, wie ich einem Teenager meinen Autoschlüssel gebe, genauso wenig werde ich ihn dabei unterstützen, wenn er mich fragen würde, ob er mit seiner Freundin Sex haben kann. Das Problem in der Praxis besteht darin, dass Teenager bei solchen Dingen nicht fragen. Hier geht es aber um die Frage, in welchem Verhältnis wir zu den Teenagern stehen, die uns anvertraut worden sind?
Ich beschreibe ein Beziehungsmodell, bei dem die Eigenverantwortung mehr in den Blick tritt als die Kontrolle. Das ist korrekt. Aber ich kann nicht die Verantwortung dafür übernehmen, den einzelnen Teenagern und Jugendlichen diese Eigenverantwortung beizubringen. Ich bin davon überzeugt, dass das Beziehungsmodell nach 1Mo2,24 funktioniert. Aber Eltern und Gemeinden haben die Verantwortung, ihren Kindern schon lange vor der Pubertät beizubringen, dass eine Ehe nicht erst beim Trauschein beginnt.
Ich möchte mit dieser Aussage nicht provozieren: Aber ich bin tatsächlich der Meinung das nicht mein Buch, sondern die aktuell prägende Moral eine „unmenschliche Last“ auf viele Paare legt. Denn dort werden reife Menschen bevormundet. Paare werden zu einem standardisierten, moralischen Verhalten gezwungen, dem in vielen Fällen jegliche Logik und jeglicher biblische Bezug fehlt.
Frage 9: Was ist, wenn Teenager oder Jugendliche Sex hatten und dann einsehen, dass es ein Fehler war? Ist durch solche Fehltritte schon eine Ehe entstanden? Müssen Jugendleiter mit solchen Paaren einen Scheidungskurs durchlaufen?
Wie schon mehrfach gesagt: Ich bin nicht der Meinung, dass eine Ehe vor Gott allein durch die Sexualität entsteht! Entsprechend ist in meinen Augen keine Ehe entstanden, wenn Teenagern oder Jugendlichen ein sexueller Fehltritt passiert. Natürlich hat es Konsequenzen, wenn zwei Menschen miteinander schlafen. Wir wissen heute, dass beim Geschlechtsverkehr das Hormon Oxytocin ausgeschüttet wird. Ein Oxytocin-Schub beim Orgasmus löst ein Gefühl von Verbundenheit und Vertrautheit aus. Sexualwissenschaftler sprechen beim Oxytocin darum auch von einem Bindungshormon. Darüber hinaus passiert gerade beim Geschlechtsverkehr etwas mit der Psyche von Menschen. Umgangssprachlich spricht man ja davon, dass man sein „erstes Mal“ niemals vergisst. Vermutlich spricht Paulus von diesen Zusammenhängen in 1Kor6,18, wo er sagt, dass eine sexuelle Sünde dem eigenen Leib schadet.
Ich schreibe das, um zu zeigen, dass ein sexueller Fehltritt nicht vollkommen egal ist. Aber aus Gottes Perspektive ist eine sexuelle Sünde nicht schwerwiegender als sonst irgendeine Sünde! Der Römerbrief schreibt sehr deutlich, dass durch den Glauben an Jesus Christus die Strafe für jede Sünde in unserem Leben weggenommen worden ist. Wir dürfen also jedem in unseren Gemeinden die volle Gnade zusprechen, wenn es zu einem sexuellen Fehltritt gekommen ist. Anschließend braucht es sicher keinen Scheidungskurs! Stattdessen würde ich dafür plädieren, Mut und Hoffnung zuzusprechen. Das geniale an unserem Glauben ist ja, dass Gott auch auf „krummen Linien gerade schreiben“ kann! Er ist in der Lage, aus unserem „Mist den allerbesten Dünger“ zu machen! Gott ist ein „Gott der zweiten, dritten und vierten Chance“! Genau das und nichts anderes sollten wir unseren Leuten mitgeben.
Frage 10: Du schreibst darüber, dass Gemeinden überlegen könnten, Paare ohne Trauschein zu segnen. In der Schweiz ist es gesetzlich verboten, eine kirchliche Hochzeit ohne vorangegangene standesamtliche Trauung zu feiern. Rufst du zum Gesetzesbruch auf?
Da ich selbst in der Schweiz lebe, ist mir natürlich bekannt, dass bei uns eine kirchliche Trauung ohne standesamtliche Hochzeit verboten ist. Ich habe dieses Buch aber nicht nur für Schweizer geschrieben und in Österreich und Deutschland gibt es dieses Gesetz nicht. Darüber hinaus geht es im Artikel 97, Absatz 3 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches nicht um ein Verbot, die Beziehung von zwei Menschen zu segnen. Die evangelischen Landeskirchen in der Schweiz bieten die Segnung von Paaren ohne Trauschein sogar explizit an. Es geht darum, dass man in der Schweiz nicht sagen darf, dass ein Paar VERHEIRATET ist, solange es nicht den standesamtlichen Trauschein hat!
Ein Notar für Familienrecht hat mir empfohlen, bei Paaren ohne standesamtliche Eheschließung alternative Formulierungen zu benutzen. Bei der Segnung eines Paares ohne Trauschein könnte man zum Beispiel folgendes sagen:
„Liebe X und lieber Y. Ihr habt eure Beziehung aufgrund der drei Säulen nach 1Mo2,24 aufgebaut. Ihr wisst, was Gott in seinem Wort über die Beziehung zwischen zwei Menschen sagt und habt mir bestätigt, dass ihr so leben wollt. Darum möchte ich eure Lebensgemeinschaft im Beisein der ganzen Gemeinde unter den Segen Gottes stellen …“
Ich wünsche mir, dass Freikirchen aufhören, Paare ohne Trauschein von einer Segnungsfeier auszugrenzen und stattdessen bereit werden, flexible Lösungen zu suchen.