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An keiner Stelle spricht die Bibel über den öffentlich-rechtlichen Trauschein. Heiraten war von der Antike bis zur Neuzeit eigentlich immer eine Privatsache zwischen zwei Menschen oder deren Familien. 

Die neutestamentlichen Warnungen vor Unzucht haben nichts mit Sex vor der Ehe zu tun. Es geht dort um ein Verbot von ständig wechselnden Sexualpartnern und Prostitution. Alles, was Gott sich von einem Pärchen wünscht, ist die Bereitschaft für lebenslange Treue und Verantwortung für einander. 

Jesus hat den Pharisäern vorgeworfen, den Menschen von damals unerträgliche Lasten aufzulegen, weil sie die Anweisungen Gottes mit zusätzlichen Verboten ergänzt hatten (Lk11,46). Mein Eindruck ist, dass wir in unseren christlichen Kreisen dasselbe getan haben, wenn es um Freundschaft, Sexualität und Ehe geht. 

Die Bibel sagt etwas zu diesen Themen. Aber sie sagt nicht das, was wir in unseren Gemeinden häufig zu hören bekommen.

 

Wenn es um ein Verbot von Sex vor der Ehe geht, dann werden häufig folgende Worte vom Apostel Paulus zitiert: Ich sage aber den Ledigen … wenn sie sich nicht (sexuell) enthalten können, dann sollten sie heiraten. Heiraten ist nämlich besser, als in Glut zu geraten. 1Kor7-8-9

Diese Verse sagen eindeutig, dass Sex in die Ehe gehört. Was hier aber nicht gesagt wird ist, dass eine Hochzeit öffentlich-rechtlich auf dem Standesamt stattfinden muss, damit sie von Gott gesegnet werden kann. 

Jesus, Paulus und die anderen Apostel lebten zurzeit des römischen Reiches. Damals war eine Ehe keine öffentlich-rechtliche Sache. Vielmehr galt man als verheiratet, wenn die Partner im privaten Rahmen eine lebenslange Verbindung eingehen wollten. Die Öffentlichkeit erfuhr von so einer Eheverbindung, wenn das Pärchen zusammenzog. 

Wer sich mit der Ehepraxis zurzeit des Neuen Testaments beschäftigt, der stellt fest: Ehe im Neuen Testament ähnelt dem, was wir heute Konkubinat oder Ehe ohne Trauschein nennen.

 

Unser heutiges Standesamt ist der schnellste und kostengünstigste Weg, eine juristisch abgesicherte Beziehung einzugehen. Aber an keiner Stelle verbietet die Bibel, dass ein Pärchen für sich alternativ zum Standesamt einen Ehevertrag beim Notar erstellen lässt. 

Wenn die Aussagen der Bibel wirklich die Richtschnur des Handelns sein sollen, dann darf auch heute jedes Paar die Lebensgemeinschaft wählen, die für sie die passende ist! Kein Theologe, kein Pastor und keine Gemeinde hat das Recht, in dieser Frage eine allgemeingültige Norm aufzustellen. 

Jedes Paar hat das Recht, unabhängig seinen Weg zu gehen. Christliche Pärchen haben das Recht zu entscheiden, ob sie eine Beziehung mit oder ohne Trauschein führen wollen. Sie haben das Recht zu entscheiden, an welcher Stelle im Freundschaftsprozess die Sexualität hinzukommen soll.

Beziehungspyramide

Vertreter der aktuell prägenden Moral versuchen mit großem Nachdruck, vor dem Geschlechtsverkehr, den Trauschein einzuschieben. Doch der universale Wille Gottes für Freundschaft, Sexualität und Ehe kennt diesen Einschub nicht. Wenn ein Paar zu einem Herz und einer Seele geworden ist, dann folgt ganz natürlich der Wunsch nach körperlicher Vereinigung. Es kommt einer Verdrehung der Schöpfungsordnung gleich, wenn man behauptet, dass Gott vor dem Sex einen Trauschein will.

Wenn ich die Bibel richtig verstehe, dann ist nicht der Sex vor der Ehe das Problem. Das eigentliche Problem besteht darin, dass man Ehe nicht mehr anhand von 1Mo2,24 definiert. Denn Ehe beginnt für Gott schon dort, wo zwei Menschen sich ablösen und intensiv Zeit miteinander verbringen. Modern könnte man sagen: Der erste Schritt in eine gottgewollte Ehe beginnt beim Verabreden bzw. Daten. 

Je länger zwei Menschen dann miteinander unterwegs sind, desto mehr lernen sie sich auf Herzensebene kennen. Diese Phase ist der zweite Schritt, hinein in eine gottgewollte Ehe. Der dritte Schritt ist dann nur noch eine Frage der Zeit. Denn zwei Menschen, die bereits seelisch ineinander eingedrungen sind, möchten diesen Zustand irgendwann auch in einem körperlichen Sinne miteinander erleben.

Ich plädiere für eine neue christliche Moral, bei welcher Ehe nicht mehr beim Trauschein beginnt, sondern dort, wo zwei Menschen sich entscheiden, den ersten Schritt nach 1Mo2,24 miteinander zu wagen. So wie ich die Sache sehe, ist eine Trennung innerhalb dieser ersten Phase noch gut möglich. Wenn im Laufe der Zeit deutlich wird, dass eine Beziehung nicht funktioniert, dann kann diese wieder gelöst werden. Je nach Alter und Reife kann diese erste Phase sehr unterschiedlich verlaufen.

Eine biblische Ehe besteht aus meiner Sicht erst dann, wenn alle drei Schritte nach 1Mo2,24 gegangen worden sind und gelebt werden. Schneller Sex macht zwei Menschen nicht zum Ehepaar. Genauso wenig ist man aus Gottes Sicht verheiratet, wenn man sich regelmäßig mit einer anderen Person verabredet. Eine Ehe besteht vor Gott erst in dem Moment, wo zwei Menschen ganz bewusst Vater und Mutter verlassen, sich aneinandergehängt und miteinander geschlafen haben.

Wir sollten unseren Kindern dieses biblische Konzept der drei Säulen vermitteln. Wir sollten ihnen bewusst machen, dass eine gottgewollte Ehe lange vor dem Geschlechtsverkehr und völlig unabhängig vom Trauschein beginnt. Auf diese Weise brauchen wir sie nicht vor dem Sex zu warnen, wenn sie bereits in einer verbindlichen Beziehung sind.

Trailer Buch Trauscheinlüge